Das neue EU AML-Paket (3) —Auslösetatbestände
09/02/2025 | Publiziert in Zusammenarbeit mit GÖRG – Aufsichtsrechtsteam um Matthias Terlau
Der dritte Teil der Serie zum neuen EU-AML Paket behandelt die neuen Auslösetatbestände für Kundensorgfaltspflichten nach der europäischen Geldwäscheverordnung (AML-VO, Verordnung (EU) 2024/1624). Diese regeln, unter welchen Bedingungen Verpflichtete ihre geldwäscherechtlichen Pflichten erfüllen müssen. Eine präzise Kenntnis dieser Tatbestände hilft, sowohl Bußgelder zu vermeiden als auch unnötige Übererfüllung zu verhindern.
Gemeinsam mit der Wirtschaftskanzlei GÖRG haben wir die finale verabschiedete Fassung (EU) 2024/1624) vom 31.05.2024 analysiert und die zentralen Sachverhalte herausgearbeitet.
Systematik der neuen Auslösetatbestände
Die AML-VO bleibt im Grundsatz der bisherigen Struktur treu und unterscheidet weiterhin zwischen drei Hauptkategorien:
- Begründung einer Geschäftsbeziehung
- Gelegentliche Transaktionen
- Sonstige Tatbestände
Während sich die grundlegenden Prinzipien nicht ändern, gibt es zahlreiche inhaltliche Anpassungen und neue Pflichten für Verpflichtete.
1. Begründung einer Geschäftsbeziehung
Die Begründung einer Geschäftsbeziehung ist weiterhin ein zentraler Auslösetatbestand für Kundensorgfaltspflichten. Neu ist eine präzisere Definition:
- Eine Geschäftsbeziehung besteht nur, wenn eine direkte Verbindung zwischen dem Verpflichteten und einem Kunden vorliegt.
- Die rechtliche Präzisierung führt in der Praxis jedoch zu keinen wesentlichen Änderungen, da auch nach bestehender Rechtslage nur vertraglich definierte Geschäftsbeziehungen erfasst waren und keine Anwendung auf dritte Personen stattfindet.
- Auch unverändert bleibt, dass Verträge zur allgemeinen Betriebsführung (z. B. mit Strom- oder IT-Dienstleistern) nicht als Geschäftsbeziehung im Sinne des GwG gelten.
2. Gelegentliche Transaktionen
Gelegentliche Transaktionen sind einmalige oder unregelmäßige Transaktionen außerhalb einer bestehenden Geschäftsbeziehung. Hier gibt es einige bedeutende Änderungen:
Geänderte Schwellenwerte für Sorgfaltspflichten
- Der allgemeine Schwellenwert zur Durchführung von Sorgfaltspflichten sinkt von 15.000 € auf 10.000 €. (Art 19 Abs. 1 lit. b AML-VO)
- Für Krypto-Transaktionen bleibt der Schwellenwert bei 1.000 €, jedoch gelten die Pflichten nun fürsämtliche Transaktionen von CASPs, nicht nur für die Übertragung von Kryptowerten (Art. 19 Abs. 3 lit. a AML-VO)
- Bargeldtransaktionen unterliegen künftig erst ab 3.000 € vereinfachten Sorgfaltspflichten, während gemäß aktueller Rechtslage grundsätzlich jede Bargeldannahme allgemeine Sorgfaltspflichten auslöst. Bargeldtransaktionen unter 3.000 € lösen keine Sorgfaltspflichten aus, es sei denn, es gibt einen Verdacht auf Geldwäsche oder Terrorismus-Finanzierung
- Für den Geldtransfer (also zumindest teilweise auf elektronischem Wege durchgeführte Transaktionen) wird an dem bisherigen Schwellenwert von 1.000 € festgehalten
- Eine Obergrenze für Barzahlungen von 10.000 € wird eingeführt, wobei Mitgliedstaaten niedrigere Grenzen festlegen können
Unterschiedliche Schwellenwerte für spezielle Geschäftsbereiche
- Krypto-Dienstleister: Auch Transaktionen unter 1.000 € erfordern mindestens eine Identifikation und Verifizierung des Kunden (vereinfachte Sorgfaltspflichten)
- Glücksspielbetreiber: Der Schwellenwert von 2.000 € bleibt bestehen. Allerdings sind Online-Glücksspiele nun ausdrücklich erfasst und werden zusätzlich als Tätigkeit, die mit höheren Risikenverbunden ist, definiert. Dies gibt Mitgliedsstaaten keinen Spielraum diese Regelung nicht oder nur in Teilen anzuwenden.
- Güterhändler, Kunstvermittler und Kunstlagerhalter: Ihre grundsätzliche Eigenschaft als Verpflichtete wird künftig an das Überschreiten gewisser Schwellenwerte gekoppelt. Gemäß aktueller Rechtslage zählen sie, unabhängig von Schwellenwerten, zu den geldwäscherechtlich Verpflichteten und lediglich die Pflicht zur Durchführung der Sorgfaltspflichten ist schwellenwertabhängig.
3. Sonstige Tatbestände
Zusätzlich zu den bisherigen Tatbeständen gibt es neue und modifizierte Auslösetatbestände:
- Pflicht zur Durchführung der allgemeinen Sorgfaltspflichten bei Gründung einer juristischen Person (z. B. GmbH oder AG), Errichtung von Rechtsvereinbarungen oder Übertragung von Eigentumsanteilendurch Verpflichtete i.S.v. Art. 3 Nr. 3 lit. a-c AML-VO, so muss beispielsweise ein Notar beim Erwerb einer juristischen Person allgemeine Sorgfaltspflichten durchführen.
- Zudem gibt es eine neue Pflicht zur Sorgfaltsprüfung, wenn Zweifel an der Vertretungsbefugnis der auftretenden Person bestehen
- Versicherungsvermittler, E-Geld-Agenten und selbstständige Gewerbetreibende: Diese Gruppen werden nicht mehr als Verpflichtete eingestuft, es sei denn, sie gelten gleichzeitig als Finanzinstitute.
- Der Kunde einer Transaktion ist grundsätzlich das Zielobjekt der Sorgfaltspflichten, allerdings definiert die AML-VO erstmalig den Begriff des Kunden, wodurch beispielsweise bei Immobilientransaktionen beide Seiten der Transaktion als Kunde zu verstehen sind.
Fazit
Die AML-VO sieht eine strengere Regulierung für Krypto-Transaktionen vor und senkt die Schwellenwerte, die für CASPs Sorgfaltspflichten auslösen. Für weitere Verpflichteten-Gruppen erfolgt in Teilen eine Erleichterung (zB für Güterhändler, Kunstvermittler und Kunstlagerhalter) sowie in Teilen eine Verschärfung der Regelungen (z.B. durch das Absenken des allgemeinen Schwellenwert zur Durchführung von Sorgfaltspflichten). Gleichzeitig sorgt die AML-VO für eine klarere Systematik und eine Begrenzung des Auslegungsspielraums, wodurch Rechtssicherheit für Verpflichtete geschaffen wird. Allerdings ist in vielen Aspekten eine Konkretisierung der Anforderungen durch die Regulatory Technical Standards noch erforderlich.
Eine ausführliche Analyse der Änderungen durch die neue EU-AML Verordnung in Bezug auf Auslösetatbestände sind in unserer gemeinsamen Veröffentlichung mit der Wirtschaftskanzlei GÖRG in deren Payment Services Blog zu finden.
Darstellung der in der Praxis gängigsten Fallgestaltungen

Disclaimer: Dies ist keine Rechtsberatung. Diese Darstellung der in der Praxis gängigsten Fallgestaltungen soll als Orientierungshilfe dienen und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Ausschließlichkeit. Die geldwäscherechtlichen Vorgaben sind im Einzelfall von der/dem Verpflichteten selbst zu prüfen und ob mit der Erhebung, Dokumentation und Aufbewahrung der aufgenommenen Daten alle nach der AML-VO obliegenden Sorgfaltspflichten erfüllt worden sind. Die hier zur Verfügung gestellten Informationen ersetzen keine individuelle juristische Beratung.
* Ob allgemeine, vereinfachte oder verstärkte Sorgfaltspflichten durchgeführt werden müssen, hängt von der unternehmensweiten Risikobewertung, dem Auslösetatbestand und dem Ergebnis der individuellen Analyse des Risikos von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ab.